Früher war mehr Öffentlichkeit …

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 Gedanken zur Informationspolitik bei der aktuellen Rektorwahl in Bochum

Gestern hat mich ein Freund zuhause besucht, er ist Professor an der Ruhr-Universität Bochum. Als ich ihn fragte, ob er auch am Montag zum Spektakel Rektorwahl geht, rieb er sich die Augen und schaute mich völlig verwundert an: „Jetzt Montag wird der neue Rektor gewählt? Davon weiß ich nichts. Wer steht nun zur Wahl an? Gab es eine Presseinformation?“, so seine Fragen.

Nicht nur der Termin war ihm also völlig unbekannt, er wusste auch nicht welche Personen sich der Wahl stellen. Nun kann man einwenden, dass er sich um die Informationen selbst hätte bemühen können. Hätte er …?! Ist das seine Aufgabe? Was erfährt heute, am Donnerstag, 9.7.2015, ein normales Mitglied der Universität über die Wahl seines zukünftigen Rektors, eine Wahl, die in genau vier Tagen, also am kommenden Montag, 13.7., stattfindet? Wohlgemerkt: ein normales Mitglied meint Personen aus den Gruppen Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, Mitarbeiter in Technik und Verwaltung sowie Studierende, die keinen Zugang zum Flurfunk haben!

Blättert man in den Presseinformationen der letzten Wochen oder Monate: Fehlanzeige! Liest man die Unizeitschrift RUBENS: Fehlanzeige. Schaut man auf die Homepage der Universität, so findet man erst seit zwei Tagen einen Bereich mit einem Link: „Rektorwahl > Informationen zur Wahlversammlung“. Der Klick dahin führt einen zu einer Seite, auf der Aufgaben und Mitglieder der Wahlversammlung (neues Gremium im neuen Hochschulgesetz NRW) aufgeführt werden. Diese Seite ist erst am 7.7. erstellt worden. Dort unter Termine findet man endlich den Hinweis auf den „13.07.2015 Konstituierende Sitzung und Wahl eines Rektors / einer Rektorin“ und eine PDF-Datei mit dem Ablaufplan für die am Montag angesetzte Wahl.

Aus dürren Tagesordnungspunkten erfährt man da, dass sich der Wahlausschuss konstituieren, dass er sich erst eine Geschäftsordnung geben wird und dass sich im Anschluss zwei Kandidaten vorstellen werden. Um 13:30 h hat der „erste Kandidat“ 15 Minuten Zeit, die „Eigene Vorstellung zur Amtsführung“ vorzutragen und im Anschluss wird er darüber bis zu 30 Minuten befragt. Um 14:30 h hat dann der „zweite Kandidat“ seine 15 Minuten für die „Eigene Vorstellung zur Amtsführung“ und wird ebenfalls bis zu 30 Minuten befragt.

Mehr nicht? Doch: am 30.6. gab es im so genannten Aktuellportal der Uni eine Meldung mit noch geringerem Inhalt. Dort hieß es nur, dass am 13.7. ein neuer Rektor gewählt werden „soll“ und ganz unten unter der Zwischenüberschrift „Hintergrund“ die Erklärung: „Die Findungskommission für das Rektoramt … hat ein Ergebnis erzielt und schlägt der Hochschulwahlversammlung zwei geeignete Bewerber zur Wahl vor.“

Kein Wort darüber, welche Kandidaten zur Wahl stehen, keine Biografien der Kandidaten, keine Bilder der Kandidaten, keine schriftlich fixierten Vorstellungen der Kandidaten über Ihr jeweiliges Programm für das Rektoramt.

Ich weiß: In Deutschland ist sind Wahlen frei und geheim. Aber so viel Geheimnistuerei auf einmal? Ist das nötig? Dass man nichts über die Kandidaten und ihr Programm erfährt, so geheim sollte doch nicht sein.

Selbst auf die Gefahr als „Laudator temporis acti“ („Lobredner alter Zeiten“, Horaz) beschimpft zu werden, wage ich einen kleinen Blick zurück.

Früher war mehr Hochschulöffentlichkeit – Als z.B. 2006 die Wahl des Rektors anstand, wurde mit einer breit gestreuten Presseinformation am 9.5.2006 darüber informiert, dass am 1.6.2006 die Wahl sei, dass als Kandidaten die Professoren Gerhard Wagner und Elmar Weiler antreten, dass sie sich am 24.5. der Hochschulöffentlichkeit vorstellen und dass bereits ab dem 19.5.2006 ihre Vorstellungen über die Amtsführung im Internet veröffentlicht werden.

Es ist in meinen Augen schlicht ein Skandal, dass über eine die Zukunft meiner alten alma mater bestimmende Wahl so wenig bekannt wird, dass mit keinem Wort über die Kandidaten und ihre Vorstellungen informiert wird. Und mir ist es egal, ob das eine Direktive von ganz oben ist, also aus dem Senat, dem Hochschulrat, oder ob das Dezernat Hochschulkommunikation hier säumig ist. Fakt ist: Wer nicht am Flurfunk teilhat, ist von wesentlichen Informationen ausgeschlossen. Da muss man sich nicht wundern, wenn Journalisten das Interesse verlieren oder wenn es heißt, die Hochschulkommunikation beschränke sich neuerdings auf Marketing und Eigenlob.

Bei so viel Geheimniskrämerei fällt mir nur die Devise des englischen Hosenbandordens ein: „Honi soit qui mal y pense“? (Ein Schuft, wer Böses dabei denkt“)

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3 thoughts on “Früher war mehr Öffentlichkeit …

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